Internationalisierungskonzept
„Lehrkräfte sind in ihrem beruflichen Umfeld zunehmend gefordert, mit heterogenen, von kultureller Vielfalt geprägten Lerngruppen umzugehen – eine Aufgabe, die sie besser bewältigen können, wenn sie während ihrer Ausbildung interkulturelle Kompetenzen erworben haben. Die Internationalisierung der Lehrerbildung rückt daher immer mehr in den Fokus.“ (HRK 2018, S. 3)
Das Projekt „Internationale Ausrichtung der Grundschulpädagogik und -didaktik“ am Institut für Grundschulforschung der Universität Erlangen-Nürnberg hat aus diesem Grund das Anliegen, internationale und interkulturelle Aspekte im Studium Lehramt an Grundschulen zu stärken.
Um dieses Ziel zu erreichen, wird ein Gesamtkonzept umgesetzt, das die Internationalisierung in Forschung und Lehre für Dozierende und Studierende im Blick hat und verschiedene Bausteine umsetzt, die in der aktuellen Diskussion um die Internationalisierung der Lehrkräftebildung Beachtung finden. Neben den traditionellen Bausteinen der Mobilität (Studienaufenthalte und Praktika) tritt zunehmend die Internationalisierung at home (Integration internationaler und interkultureller Aspekte in die Curricula, englischsprachige Lehrveranstaltungen, virtuelle Formate) in den Fokus. (HRK 2018, p. 3)
Damit ergibt sich für das Institut für Grundschulforschung ein Konzept der Internationalisierung, das in der nachfolgenden Tabelle exemplarisch anhand verschiedener Aspekte veranschaulicht wird. Die aufgeführten Aktivitäten bieten dabei jeweils nur den strukturellen, nachgeordneten Rahmen. Wichtiger sind jedoch die spezifischen Themen und Fragestellung im Hinblick auf internationale und interkulturelle Aspekte in Forschung und Lehre die durch die aufgeführten Aktivitäten für die Grundschulpädagogik und – didaktik fruchtbar gemacht werden können.
Institut für Grundschulforschung an der FAU |
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Aufbau, Ausbau und Verstetigung der internationalen Ausrichtung der Grundschulpädagogik und -didaktik auf Institutsebene |
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Studierende |
Dozierende |
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Physische Mobiltäten |
Outgoing |
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Erasmus+ Auslandssemester und unkomplizierte Anerkennung der Studienleistungen
(stabile Zahl von outgoing Studierenden an die langjährig etablierten Partneruniversitäten) |
Teilnahme an internationale Tagungen, auch im Rahmen von internationalen Netzwerken der Lehrkräftebildung, wie z.B. ETEN | |
Praktika im Ausland für Studierende in Zusammenarbeit mit dem Praktikumsamt der FAU und unkomplizierte Anerkennung der Studienleistungen | Teilnahme an Fortbildungen im Rahmen von Erasmus+ Staffweeks und Staff Training Mobilities | |
Kurzzeitexkursionen wie z.B. zur International Students‘ Researcher Conference im Rahmen von Seminaren aus der Grundschulpädagogik | Teilnahme an Erasmus+ Teaching Mobilities, um internationale Lehrerfahrung an den langjährig etablierten Partneruniversitäten zu sammeln | |
Incoming |
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Aufnahme und Betreuung von Erasmus+ Gaststudierenden mit stabilen Zahlen von incomming Studierenden von den langjährig etablierten Partneruniversitäten | Inncomming DAAD – Gastdozenturen | |
Incomming Gastdozenturen über Lehraufträge | ||
Incomming Erasmus+ Gastdozenturen | ||
Internationalisation at home |
Forschung |
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Joint Research COIL BA / Zulassungsarbeit (in Vorbereitung) | Begleitforschung zu Virtual Mobility Lehrveranstaltungen | |
Begleitforschung zum Projekt Lehramt International: „Internationale Dimensionen im Studium Lehramt an Grundschulen“ | ||
Lehre |
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Englischsprachige Lehrveranstaltungen mit internationalem Fokus, um die Attraktivität der FAU für incomming Studierende zu erhöhen | ||
Virtual Exchange Lehrveranstaltungen mit internationalem Fokus, um deutschen Studierenden internationale und interkulturelle Erfahrungen at home zu ermöglichen | ||
Veranstaltungen |
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Internationale Woche der Lehrkräftebildung | ||
Projekte |
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FAU Lehramt International |
Im Folgenden werden einige ausgewählte Beispiele für die internationale Ausrichtung der Grundschulpädagogik und -didaktik am Institut für Grundschulforschung in Nürnberg ohne einen Anspruch auf Vollständigkeit näher beschrieben.
Physische Mobilitäten
Für Studierende und Lehrende werden über verschiedene Programme physische Mobilitäten umgesetzt.
Studierenden können neben einem Praktikum oder Studium im Ausland auch im Rahmen von Lehrveranstaltungen an kürzeren Exkursionen, wie z.B. zur International Students‘ Researcher Conference nach Riga teilnehmen und so internationale und interkulturelle Erfahrungen sammeln.
Für Lehrende wird die Teilnahme an internationalen Tagungen, an thematisch ausgerichteten Erasmus+ Staff Weeks/Staff Training Mobilities und Teaching Mobilities und Fortbildungen, wie z.B. dem Valiant-Project „Virtual Exchange on Diversity and Inclusion in our Primary Classrooms“, unterstützt.
Ebenso werden Mobilitäten von Kolleginnen und Kollegen der Partneruniversitäten an das Institut für Grundschulforschung umgesetzt. Dank der erfolgreichen Einwerbung einer DAAD Gastdozentur von Dr. Krisztina Kovacs konnten internationale Aspekte der Elementarpädagogik und Inklusion in Forschung und Lehre am Institut für Grundschulforschung eingebracht werden.
Neben Lehraufträgen bereichern weitere Kurzzeitmobilitäten von Lehrenden, die an das Institut für Grundschulforschung kommen, das Lehrangebot und bieten Anknüpfungspunkte für gemeinsame Forschungsaktivitäten. So konnte im Rahmen einer incomming Erasmus+ Lehrmobilität von Dr. Naomi Shmuel von der Hebrew University of Jerusalem ein gemeinsames Seminar zum Thema „Diversity in the Primary Classroom“ mit Dr. Günter Renner umgesetzt werden. Hier fand auch eine Verknüpfung der Präsenzlehre mit einem etablierten Angebot zum Virtual Exchange, dem Online Facilitated Dialogue von Soliya, statt.
Internationalisierung at home in der Forschung
Begleitforschung „Teaching and Learning in Primary Education in International Comparison”
Der Kurs “Teaching and Learning in Primary Education in International Comparison” (siehe unten) wird kontinuierlich evaluiert und weiterentwickelt. In einem klassischen Pretest-Posttest-Design kommen ausgewählte Instrumente zum Einsatz, die auch im EVALUATE-Projekt (Evaluating the Impact of Virtual Exchange on Initial Teacher Education) verwendet wurden.
Insgesamt zeigt sich bei den Studierenden bisher ein Kompetenzzuwachs bei den folgenden Variablen:
- TPACK
- Interkulturelle kommunikative Kompetenz.
Aus Sicht der Dozierenden konnten die wichtigsten Ergebnisse des EVALUATE-Projekts bestätigt werden:
- Der virtuelle Austausch wirkt als Motor für Innovation und internationales Lernen im universitären Klassenzimmer
- Der virtuelle Austausch ist eine komplexe Lernaktivität, die sowohl die Integration in einen formalen Bildungsrahmen als auch die Anleitung durch Lehrende erfordert.
- Der Erfolg des virtuellen Austauschs hängt von der persönlichen Beziehung zwischen den Lehrenden und Teilnehmenden ab.
Internationalisierung at home in der Lehre
Internationale und interkulturelle Erfahrungen haben gerade für Lehramtsstudierende hohe Relevanz für ihren Beruf (multikulturelle Schülerschaft, Internationalisierung der Curricula und der Schulorganisation). Eine Lehrkräftebildung mit internationaler Ausrichtung sollte deshalb folgende Kompetenzen vermitteln: Kompetenzen zum Lehren in multikulturellen Klassen, Fremdsprachenkompetenz, Reflexionskompetenz eigener Systeme und Vorgehensweisen, Internationale Orientierung (Wernisch 2017, S. 8-9). Viele dieser personalen und allgemeinen Kompetenzen lassen sich durch Auslandsaufenthalte erwerben (Baedorf 2015, S. 40-44). Jedoch gibt es für Lehramtsstudierende zahlreiche Hemmnisse, um einen Auslandsaufenthalt zu realisieren (Baedorf 2015, S. 45-47; Wernisch 2017, S. 9-11, Wernisch 2016, S. 275-302, DAAD 2019, S. 92-94), weshalb die Mobilitätszahlen für Lehramtsstudierende und insbesondere für Studierende des Lehramts an Grundschulen in Deutschland vergleichsweise niedrig sind (DAAD 2019, S. 93). Daher rückt neben den klassischen Formen des Auslandsstudiums und kurzfristigen Auslandsaufenthalten für Praktika die Internationalisierung im Inland immer stärker in den Fokus. Hier geht es um die inhaltliche und methodische Integration von internationalen und interkulturellen Aspekten bis hin zum virtuellen Austausch.
In der Lehre werden in englischsprachigen Lehrveranstaltungen, wie z.B. im „Seminar Primary Education across Europe“, Aspekte der Grundschulpädagogik und -didaktik im internationalen Vergleich thematisiert. Dies ist einerseits für Studierende an der FAU eine thematische Erweiterung, als auch für Studierende, die aus dem Ausland zu uns kommen eine Möglichkeit, um international ausgerichtete Lehrveranstaltungen in englischer Sprache zu besuchen, wodurch die Attraktivität der FAU für Auslandsstudierenden gesteigert wird, was wiederum beim Aufbau und Ausbau von internationalen Kooperationen mit anderen Universitäten hilft.
Ebenso werden am Institut für Grundschulforschung Virtual Exchange Kurse angeboten. So arbeiten beispielsweise Studierende der Universität Erlangen-Nürnberg und der Universität Lettland im Rahmen des virtuellen Seminars “Teaching and Learning in Primary Education in International Comparison” zu verschiedenen Themen zusammen. Der Kurs gibt einen Überblick über die Grundschule im internationalen Vergleich. Neben den Bildungssystemen untersuchen die Studierenden die Grundlagen des Lehrens und Lernens sowie der Leistungsmessung an Grundschulen. Der Schwerpunkt liegt auf der Online-Zusammenarbeit in Kleingruppen von in der Regel 6 Studierenden (3 aus Deutschland und 3 aus Lettland); die Studierenden bearbeiten gemeinsam Aufgaben und berücksichtigen in Diskussionen ihre länderspezifische Perspektive. Sie bearbeiten Aufgaben und sammeln dabei Erfahrungen aus der Arbeit in einem internationalen Team, während sie über Gemeinsamkeiten und Unterschiede innerhalb der Bildungssysteme nachdenken. Das Projekt bietet die Möglichkeit, durch virtuellen Austausch internationale Erfahrungen zu sammeln und dadurch interkulturelle, digitale und sprachliche Kompetenzen zu erweitern (The Evaluate Group 2019, pp. 25–62). Der Kurs “Teaching and Learning in Primary Education in International Comparison” zählt als good practice Beispiel für innovatives E-Learning an der FAU und wurde ebenso für das Frames Project als Beispiel für die Integration von Virtual Exchange in die universitäre Lehre ausgewählt und mit dem Lehrpreis der Philosophischen Fakultät der FAU 2023 ausgezeichnet.
Neben diesen Internationalisierungsaktivitäten besteht die Möglichkeit zur Teilnahme an der regelmäßig stattfindenden Internationalen Woche im Lehramt, die im Rahmen des Projektes FAU Lehramt International stattfindet.
Literatur
- Baedorf, Dominik (2015). Empirische Befunde zur Internationalisierung der LehrerInnenbildung. In: Meike Krike & Louisia Kürten (Hrsg.):Internationalisierung der LehrerInnenbildung (S. 32-56). Waxmann-Verlag.
- Baroni, Alice; Dooly, Melinda; Garcés García, Pilar; Guth, Sarah; Hauck, Mirjam; Helm, Francesca; Lewis, Tim; Mueller-Hartmann, Andreas; O’Dowd, Robert; Rienties, Bart; Rogaten, Jekaterina.(2019). Evaluating the impact of virtual exchange on initial teacher education: a European policy experiment. Research-publishing.net. https://doi.org/10.14705/rpnet.2019.29.9782490057337
- DAAD/DZHW (2019).Wissenschaft weltoffen. Daten und Fakten zur Internationalität von Studium und Forschung in Deutschland. Wbv Media Bielefeld.
- Hochschulrektorenkonferenz(Hrsg.) (2018). Internationalisierung zu Hause in der Lehrerbildung.
- Wernisch,Diana (2016). Internationalization and Student Mobility in Teacher Education: Internationalization Models, Diffusion Barriers and Recommendations for Policy and Higher Education Institutions (Doctoral thesis, University of Freiburg, Germany). Retrieved from https://phfr.bsz-bw.de/frontdoor/index/index/docId/651
Wernisch, Diana (2017). Diskrepanz zwischen Interesse und Realisation von Auslandsaufenthalten im Lehramtsstudium – In: ZEP: Zeitschrift für internationale Bildungsforschung und Entwicklungspädagogik, 40 (4), S. 8-12.