KiMi
Kinderrechte und Mitbestimmung in der Grundschule (KiMi)
Projektleitung: Sonja Ertl, Leonora Gerbeshi, Miriam Grüning, Sabine Martschinke
Theoretischer Hintergrund und Forschungsstand
Mit der 1989 in Deutschland ratifizierten UN-Kinderrechtskonvention werden durch die Beteiligungsrechte Kindern mehr Möglichkeiten der Mitbestimmung an Entscheidungen zugesprochen, die ihre Lebenssituation und damit auch das Lernen in der Grundschule betreffen. Die Verwirklichung der Kinderrechte ist Teil des Bildungs- und Erziehungsauftrags der Grundschulen. Außerdem ist das Recht der Grundschüler*innen auf Mitbestimmung im LehrplanPLUS für bayerische Grundschulen verankert (Bayerisches Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst, 2014).Für die Umsetzung in Unterricht und Schulleben bedeutet dies neben der Vermittlung der Kinderrechte auch die Eröffnung von Gelegenheiten zur Mitbestimmung (KMK, 2018).
Können Schüler*innen in der Schule mitbestimmen, steigert das ihr Wohlbefinden (z.B. Casas et al., 2018; Kutsar et al., 2019), das soziale Selbstwirksamkeitserleben und ihren Selbstwert (Sauerwein, 2019). Eine Vielzahl an Befunden zeigt, dass schulische Mitbestimmung meist im Schulleben, weniger beim Lernen im Unterricht stattfindet (z.B. Bacher et al. 2007; Grundmann & Kötters, 2000; Müthing et al., 2018; Wetzelhütter et al., 2013). Zudem schätzen Lehrkräfte die Mitbestimmung von Schüler*innen positiver als diese selbst ein (Fatke & Schneider, 2005).
Mitbestimmung der Schüler*innen ist auch im Sinne eines guten Unterrichts von Bedeutung, was im Rahmen empirischer und theoretischer Ergebnisse deutlich wird. So trägt eine stärkere Beteiligung und Mitbestimmung der Schüler*innen zu einer besseren Beziehung zwischen Lehrkräften und Schüler*innen bei (Helsper, Böhm-Kasper & Sandring, 2006; Lenske & Mayr, 2015). Außerdem werden durch Partizipationsmöglichkeiten Unterrichtsstörungen reduziert (Strauss, Zala-Mezö, Häbig & Müller-Kuhn, 2017).
Forschungsziele
Die zwei Teilprojekte KiMi-U (Mitbestimmung und Unterrichtsqualität: Zusammenhänge zwischen der Umsetzung des Kinderrechts auf Mitbestimmung und gutem Unterricht in der Grundschule) und KiMi-L (Kinderrechte und Mitbestimmung in der Grundschule als Ziel der Lehrer*innenbildung) gehen folgenden Hauptfragen nach:
- Wie kann bereits die Lehrer*innenbildung eine Stellschraube zur Förderung der Mitbestimmung von Grundschüler*innen darstellen? (KiMi-L)
- Wie lässt sich Mitbestimmung im Grundschulunterricht erheben? (KiMi-U & KiMi-L)
- Wie nehmen Grundschüler*innen die Mitbestimmung im Unterricht wahr (KiMi-L & KiMi-U)
- In welchem Zusammenhang stehen die durch die Schüler*innen wahrgenommene Mitbestimmung und die Unterrichtsqualität? (KiMi-U)
Literatur
Bacher, J., Winklhofer, U. & Teubner, M. (2007). Partizipation von Kindern in der Grundschule. In C. Alt (Hrsg.), Start in die Grundschule. Ergebnisse aus der zweiten Welle (Schriften des Deutschen Jugendinstituts: Kinderpanel, Bd. 3, 271-298). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
Bayerisches Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst (2014): LehrplanPLUS Grundschule. Lehrplan für die bayerische Grundschule.
Casas, F., González-Carrasco, M. & Luna, X. (2018). Children’s rights and their subjective well-being from a multinational perspective. European Journal of Education 53 (3), 336-350. doi:10.1111/ejed.12294
Fatke, R. & Schneider, H. (2005). Kinder- und Jugendpartizipation in Deutschland. Daten, Fakten, Perspektiven. Gütersloh: Bertelsmann Stiftung.
Gamsjäger, M. (2019). Schülerpartizipation als Thema der Sekundarstufenausbildung. Eine Analyse von fünf Leitbildern zu Bedingungen und Umsetzbarkeit mit Lehramtsstudierenden. Online Journal für Research an Education 11. https://journal.phnoe.ac.at/index.php/resource/article/view/650/676. Zugegriffen: 23.02.2020. Mai 2020.
Grundmann, G. & Kötters, C. (2000). Schulklima und schulisches Wohlbefinden von Schülern und Lehrern. In H.-H. Krüger, G. Grundmann & C. Kötters (Hrsg.), Jugendliche Lebenswelten und Schulentwicklung. Ergebnisse einer quantitativen Schüler- und Lehrerbefragung in Ostdeutschland (Studien zur Schul- und Bildungsforschung, Bd. 10, S. 173–224). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
Helsper, W., Böhm-Kasper, O. & Sandring, S. (2006). Die Ambivalenzen der Schülerpartizipation – Partizipationsmaße und Sinnmuster der Partizipation im Vergleich. In W. Helsper et al. (Hrsg): Unpolitische Jugend? S. 310-339. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
Kultusministerkonferenz (2018): Menschenrechtsbildung in der Schule (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 04.12.1980 i.d.F. vom 11.10.2018).
Kurth-Buchholz, E. (2011). Schülermitbestimmung aus Sicht von Schülern und Lehrern. Eine vergleichende Untersuchung an Gymnasien in Brandenburg und Nordrhein-Westfalen (Empirische Erziehungswissenschaft, Bd. 28). Münster: Waxmann.
Kutsar, D., Soo, K., Strózik, T., Strózik, D., Grigoraș, B. & Bălțătescu, S. (2019). Does the Realisation of Children’s Rights Determine Good Life in 8-Year-Olds’ Perspectives? A Comparison of Eight European Countries. Child Indicators Research 12 (1), 161–183. doi:10.1007/s12187-017-9499-y
Lenske, G., Mayr, J. Das Linzer Konzept der Klassenführung (LKK): Grundlagen, Prinzipien und Umsetzung in der Lehrerbildung. Jahrbuch für Allgemeine Didaktik,71–84.
Müthing, K., Razakowski, J. & Gottschling, M. (2018). LBS-Kinderbarometer Deutschland 2018. Stimmungen, Trends und Meinungen von Kindern aus Deutschland.
Sauerwein, M. N. (2019). Partizipation in der Ganztagsschule – vertiefende Analysen. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft 22
(2), 435–459. doi:10.1007/s11618-018-0844-9
Strauss, N., Zala-Mezo, E., Herzig, P., Häbig, J. & Müller-Kuhn, D. (2017). Partizipation von Schülerinnen und Schülern ermöglichen: Perspektiven von Lehrpersonen. In: Journal für Schulentwicklung 4, S. 13-21.
Wetzelhütter, D., Paseka, A. & Bacher, J. (2013). Partizipation in der Organisation Schule aus der Perspektive der Schülerinnen und Schüler. In S. M. Weber, M. Göhlich, A. Schröer, C. Fahrenwald & H. Macha (Hrsg.), Organisation und Partizipation. Beiträge der Kommission Organisationspädagogik (S. 157–166). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.